
CSD Karlsruhe
“Alle Menschen sollen sichtbar sein”
HKA-Rektorin Rose Marie Beck setzt sich in ihrer Rede auf dem CSD Karlsruhe für Vielfalt ein
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Rede von Rektorin Rose Marie Beck beim Christopher Street Day in Karlsruhe am 7. Juni 2025:
Liebe Menschen,
liebe queere Community,
liebe Mitbürger:innen,
als ich gefragt wurde, ob ich die Schirmherrschaft für den Christopher Street Day Karlsruhe 2025 übernehmen möchte, habe ich ein paar Tage lang überlegt – und dann zugesagt. Ich bin Schirmfrau aus der tiefen Überzeugung, dass Vielfalt und Diversität untrennbar mit Demokratie verbunden sind. In den Zeiten, in denen wir leben, sind wir im Sinne des „Nie wieder still“ besonders aufgefordert, Haltung zu zeigen, Verantwortung zu tragen und uns daran zu erinnern, dass die Rechte und Sichtbarkeit queerer Menschen und damit die offene Gesellschaft hart erkämpft und keinesfalls selbstverständlich sind. Es ist besorgniserregend, dass wir heute wieder erleben müssen, dass gewonnene Freiheiten queerer Menschen systematisch zurückgenommen werden. Wie sie durch Gesetze ausgegrenzt, durch politische Rhetorik entmenschlicht und durch gesellschaftlichen Druck zum Schweigen gebracht werden sollen.
Der CSD führt uns vor Augen, dass die Sichtbarkeit und Hörbarkeit queerer Menschen ein Erfolg ist, den es zu feiern gilt. Als Nicht-Mitglied der queeren Community ist es mir eine Ehre, dass ich ihn würdigen darf. Es ist nämlich in unser aller Verantwortung und auch in unser aller Interesse, uns aktiv für eine offene und gerechte Gesellschaft einzusetzen. Die queere Community macht es uns seit Jahren vor.
Der Zusammenhang von Demokratie, Menschenrechten und Freiheit zeigt sich aktuell sehr eindrucksvoll im Kampf der amerikanischen Regierung gegen ihre Universitäten, allen voran Harvard. Begonnen hat dieser Kampf mit dem Verbot und der scharfen Ahndung dreier Wörter: "Diversity", "Equity", "Inclusion" (DEI), außerdem auch "Transgender" und "Covid". Die Verwendung dieser Begriffe konnte dazu führen, dass Forschungsprojekte nicht mehr gefördert werden oder dass Beschäftigte an Universitäten und Forschungseinrichtungen ihren Arbeitsplatz verloren haben. Und wir müssen uns im Klaren sein, dass wir es mit einer mächtigen Bewegung zu tun haben, die sich planvoll und systematisch gegen die offene Gesellschaft richtet – auch bei uns. Themen, die queere Lebensrealitäten betreffen, sollen aus Lehrplänen verschwinden; Lehrende geraten unter Druck, wenn sie über Gender, über Vielfalt, über Menschenrechte sprechen; jungen Menschen wird Orientierung über ihre Sexualität oder ihre Lebensperspektiven verwehrt; oder (so geschehen in einem anderen Bundesland) Gendersternchen-Verbote für studentische Abschlussarbeiten werden dazu missbraucht, junge Menschen einzuschüchtern und zu normieren.
Als Rektorin einer Hochschule liegt mir viel daran, dass alle Menschen – unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft oder Identität, ihrem Rang oder ihrem Status – sichtbar sind. Es ist wichtig zu verstehen, dass Demokratie immer weiter lernen muss, mit Unterschieden und Differenzen umzugehen. Vielfalt ist etwas vom Kostbarsten, das wir haben und so geht es darum, sie zu pflegen und ihr Raum zu geben.
Aber die queere Gemeinschaft steht für mich auch für andere Gruppen, die ebenfalls für ihre Rechte kämpfen mussten und weiterhin müssen und so auf bestimmte Weise an dieser offenen Gesellschaft mitgearbeitet haben: Frauen, migrantische Menschen, BIPoC, Menschen mit Beeinträchtigungen usw. Mein eigenes Demokratiemoment habe ich 1971 mit sechs Jahren erlebt, als in der Schweiz über das Frauenstimmrecht abgestimmt und Frauen in der Folge Bürgerinnen mit allen passiven und aktiven demokratischen Rechten wurden.
Ich glaube, all diese Bewegungen eint eine bestimmte Auffassung widerständiger „Arbeit an der Demokratie“, die in der heutigen Zeit wichtiger denn je ist und die der ganzen Gesellschaft nützlich sein könnte.
In ihrem Buch „Staying with the Trouble“ (dt. Unruhig beiben) beschreibt Donna Haraway, eine amerikanische Biologin, Feministin, Visionärin, dass es sich zutiefst lohnt, (nicht nur) in schwierigen Zeiten „dran“ zu bleiben und nicht locker zu lassen. „Dran zu bleiben“ lebt vom Aushalten von Unterschiedlichkeit, vom Zuhören und vom Diskutieren, vom gemeinsamen Lernen und Entwickeln von Lösungen. Von kleinen nachbarschaftlichen Lösungen, die uns unsere Selbstwirksamkeit und unseren Veränderungswillen zurückgeben. „Dran bleiben“ belohnt uns mit Gemeinschaft – Haraway nennt sie „oddkin“: Wahlverwandtschaften über alle Lebens- und Existenzformen hinweg, die Zuwendung und Zugehörigkeit und damit Freiheit spenden, Sicherheit in der Unsicherheit garantieren, und die Vision, wie wir in einer gerechten Gesellschaft leben wollen.
Ich möchte aber auch an die Menschen erinnern, die sich das Dranbleiben nicht aussuchen können, sondern sie müssen es, um zu überleben. Auch und gerade mit diesen Menschen – hier wie anderswo – sehe ich mich als Schirmfrau des CSD verpflichtet.
So ist der CSD für mich mehr als ein ausgelassenes, fantasievolles Fest der Vielfalt, es ist auch ein bunter und lebensfroher Moment, der allerdings von der Ernsthaftigkeit der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung geprägt ist.
Ich danke allen, die diesen Tag möglich gemacht haben: den Ehrenamtlichen, den Organisatorinnen, den Unterstützerinnen aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft und vor allem Euch allen, die heute hier seid.
Ich wünsche Ihnen und uns allen ein friedliches und fröhliches Fest!
CSD-Impressionen







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